politisch korrekt
Einfach nur gehorsam?
Politisch korrekt zu sein, ist der neue Volkssport unserer Zeit. Doch wie „politisch korrekt“ sind wir wirklich, wenn wir alles brav nachplappern, was der Mainstream als angebracht definiert? Wer meint, er habe die Moralkeule exklusiv gepachtet, sollte vorsichtig sein: Auch die politisch korrekteste Mode kann sich über Nacht in ein Relikt verwandeln, sobald der Zeitgeist sich dreht. Da hilft keine noch so eifrige Sprachpolizei und auch kein konzertierter Aufmarsch der Empörungskultur – die nächste Generation wird andere normative Vorgaben aufstellen, uns vielleicht als stur abqualifizieren und selbst für „unantastbar“ halten, was wir heute noch als rhetorisches Minenfeld betrachten.
Die Farce des historischen Vergleichs
Wäre es heute noch „politisch korrekt“, sich an den Wertvorstellungen früherer Epochen zu orientieren? Mit Sicherheit nicht. Wir würden uns am Kopf kratzen über die absurden Regelkataloge von einst, und genauso wird man in 50 Jahren über unsere jetzige, angeblich so politisch korrekte Haltung den Kopf schütteln. Wer auf diese endlose Rechthaberei setzt, wird früher oder später im Korsett seiner eigenen Cancel Culture gefangen. Was einst als gesellschaftlicher Diskurs begann, endet häufig in Zensur und Public Shaming. Und das Ganze nennen wir dann ernsthaft Fortschritt – nur weil wir uns von einer Zeitgeist-Welle zur nächsten treiben lassen.
Moralische Hybris in Reinform
Die Speerspitze der politisch korrekten Bewegung glaubt oft, ein ewiges, unverrückbares Gut zu verteidigen. Doch im Kern ist es nur eine launische Schaufensterdekoration, die regelmäßig ausgetauscht wird, sobald die nächste Empörungswelle anrollt. Identitätspolitik, Triggerwarnungen, Verbal Delikte – in einer Zeit, in der alles in Rekordgeschwindigkeit als „Beleidigung“ klassifiziert werden kann, sorgt die Sprachpolizei nicht für Freiheit, sondern eher für ein Klima der Selbstzensur. Wer ungeschickt formuliert oder gar wagt, die Spielregeln zu hinterfragen, wird gnadenlos auf die Anklagebank gezerrt – selbstverständlich stets unter dem Siegel „Wir sind hier doch nur politisch korrekt“.
Keine Rettung in der Echo Chamber
Die Illusion, stets politisch korrekt zu handeln, endet häufig in einer Echo Chamber, in der wir uns gegenseitig für unsere „Makellosigkeit“ loben. Wer anders tickt, wer Zweifel äußert oder es wagt, in der Sache zu widersprechen, spürt schnell die kollektiv aufgeladene Moralpanik. Die vermeintlich liberale Toleranz verkommt dann zur Repression, und man gerät ins Fadenkreuz einer hyperaktiven Empörungskultur. Die, die jetzt meinen, auf ewig gegen jeden Hauch von „Unkorrektheit“ gefeit zu sein, werden selbst zum Opfer dieser Dynamik, sobald sich die Gatekeeper-Funktion zur nächsten Gruppe verlagert und neue Spielregeln aufgestellt werden.
Fazit
Politisch korrekt zu sein, ist letztlich so stabil wie ein Kartenhaus bei Windstärke zehn. Wer heute triumphiert, kann morgen als Außenseiter dastehen, sobald andere normative Vorgaben den Ton angeben. Auf Dauer hilft nur, den gesellschaftlichen Diskurs tatsächlich zuzulassen, anstatt vermeintliche Gegenspieler mit der Moralkeule abzuschmettern. Alles andere endet in einer endlosen Schleife von Anpassungszwang und immer neuen Maßnahmen, die wir dann „politisch korrekt“ nennen – weil wir vergessen haben, dass die Freiheit der Gedanken nicht an unserer Epoche Halt machen sollte.
